Eventbericht – Pferd International in München

REITSPORT-VIELFALT AUF EINEM FLECK!

München, wie oft war ich schon dort? Keine Ahnung! Nur in all den Jahren war ich noch nie auf der Pferd International gewesen. Dieses Jahr hat es geklappt und ich bekam sogar dank dem netten Veranstalter einen Presseausweis.

Samstagabend ging es los, bei gutem Wetter und einer staufreien Autobahnfahrt war ich in weniger als vier Stunden dort. So gut die Reise anfing, so schrecklich ging sie weiter. Ich hatte das Hotelzimmer zu spät gebucht und leider ein Zimmer in Fahrstuhlnähe bekommen. Das war nicht das erste Mal und in den meisten Hotels herrscht zwischen Mitternacht und Eröffnung des Frühstücksbüffets absolute Ruhe. Menschen, die spät kommen, benutzen erstaunlich oft und freundlicherweise die Treppe, um leise in ihr Bett zu huschen. Mein Zimmernachbar tat das nicht. Erst wird der Fahrstuhl mitten in der Nacht benutzt, dann im Zimmer herum getrampelt, im Bett knirschend herum gewälzt und danach lautstark geschnarcht. Am nächsten Morgen war ich gerädert, weil ich kaum Schlaf bekommen hatte und es ging dann mit Verspätung auf die Reitsportveranstaltung. Zum Glück war das Wetter herrlich! Ich bekam dank der Akkreditierung einen VIP-Parkplatz, holte meinen Presseausweis ab und erkundete das Gelände.

Als erstes war der große Springplatz dran und ich war erstaunt über die vielen Stände herum. Es erinnerte mich ein wenig ans Wiesbadener Pfingstturnier mit der parkähnlichen Anlage und den verteilten weißen Verkaufsständen. Rund um den Springplatz waren sie aufgebaut und ich schlenderte hindurch. Menschen mit Trachten und Dirndl kamen mir entgegen, daran merkt man sofort, dass man in Bayern ist.

Ich hatte ein kurzes Gespräch mit der Dame von Höveler und bekam die Info, dass so manche Husterei im Fellwechsel mit dem stärker belasteten Stoffwechsel zusammen hängt und bekam einen Flyer mit dem passenden Produkt. Mir ist es wichtig, mich darüber zu informieren, denn gerade bei einem älteren Pferd ist man stärker in Sorge, ob es noch gesund bleibt. Bei St. Hippolyt fiel mir eine geschäftstüchtige Idee auf, kleine handliche Futterproben für fünfzig Cent zu verkaufen und ich denke so manch einer hat da zugegriffen. Ich tat es nicht und griff bei den Broschüren zu, denn die wirkten auf den ersten Blick sehr informativ. Leider musste ich sie dann mit mir herumtragen.

Ich lief weiter und suchte mir den Weg ins Stadion, in dem die Working Equitation stattfand. In den Medien bekommt man immer mehr zu dieser Reitdisziplin mit und da wollte ich die Gelegenheit nutzen, es mir live anzusehen. Alleine schon welche Reiter und Pferde auf dem Abreiteplatz zu sehen waren, fand ich enorm beeindruckend. Die tollen Pferde in all ihren zum Teil ungewöhnlichen Fellfarben, die Ausstattung und die Kleidung der Reiter, einfach der Hammer und besonders. Es fiel mir sofort auf, dass viele Männer mitritten und insgesamt der Altersdurchschnitt höher war, als in anderen Disziplinen. Aus dem Westernreiterbereich kenne ich diese leichte Verschiebung, aber hier war es noch deutlicher.

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Bei der derzeitigen Helmkampagne der FN namens Helmhelden / Knoteeinzeichen, fällt automatisch ein Auge auf die Kopfbedeckung. Die war hier sehr oft ein Strohhut oder eine Mütze, mit Helm ritten hauptsächlich die Deutschen. Wieder mal bemerkenswert, wie das in anderen Ländern gehandhabt wird und welche Diskussionen über Sicherheit in Deutschland ablaufen. Ich trage auch Helm, keine Frage, nur manchmal ist die sorglose Gelassenheit und damit innere Entspannung etwas, was man sich von anderen Ländern auch abgucken könnte.
Genauso gelassen liefen die Pferde, sehr versammelt auf der Hinterhand und viele mit mächtigem Hengsthals. Es wurde viel galoppiert oder Schritt geritten und natürlich kein strampelnder Mitteltrab gezeigt. Schon erstaunlich, wenn einem die Unterschiede so stark ins Auge fallen.

Auf dem Prüfungsplatz lief gerade die Rinderprüfung, was ich schon lange nicht mehr live gesehen hatte. Vor vielen Jahren war ich mal auf einem Westernreiterturnier, bei dem auch die Arbeit mit dem Rind gezeigt wurde. Als Englischreiter mit einem Pferd, das schon vor Schafen Angst hat, will ich mir gar nicht vorstellen, wie viel Panik mein Pferd erst vor diesen Kühen hätte!
Die teilnehmenden Pferde hatten natürlich keine Angst, vielmehr sollten sie das Rind treiben können und ihm hinterher galoppieren statt davon. Keine Ahnung, ob man die durchschnittlichen Warmblüter daran gewöhnen könnte, all das mitzumachen oder ob die spanischen Rassen für diese Arbeit einfach vom Naturell her besser dafür geeignet sind, ich glaube schon. Es war beeindruckend und so eine tolle Stimmung. Auf der Tribüne gingen die Menschen mit, feuerten lautstark ihre Landsleute an, die sogar von Übersee, also Südamerika bis nach München gekommen waren. Es war schließlich die Weltmeisterschaft!

imageUm den Platz herum waren ebenfalls Aussteller vorhanden, die etwas speziellere Waren anboten, besondere Sättel und etwas andere Bekleidung. Eben alles mehr in dem spanischen Touch und mit Verzierungen. Ich muss gestehen, ich kenne mich in dem Bereich wenig aus und in den Ställen, in denen ich die letzten Jahre geritten bin, gab es sehr wenige Leute, die einer alternativen Reitdisziplin nachgegangen sind. Marken, die vermutlich in dem Bereich hipp sind, sind mir völlig unbekannt. Womöglich gibt es auch nicht diesen Markenhype wie in der Standard-FN-Reiterei?

Anschließend machte ich einen Abstecher zum Dressurstadion, wo gerade nicht soviel los war. Also lief ich durch eine weitere sehr große Ausstellerfläche durch und gelangte neben dem Polostadion in eine Halle, die welch Überraschung wieder mit Verkaufsflächen bestückt war. Dort ließ ich dann etwas Geld für ein reduziertes Fliegenspray und (man mag die Hände über dem Kopf zusammen schlagen) einer neuen ebenfalls reduzierten Schabracke. Die Marke könnt ihr euch denken. Damit war meine Sucht zum Glück sofort gestillt und ich hab nichts weiteres gekauft, außer Lebensmittel zum leiblichen Wohl.

Weiter gings danach in ein Stallgebäude mit vielen langmähnigen Haflingern und im Kontrast dazu kurzmähnigen Fjordpferden. Später sah ich sie auf dem Vorbereitungsplatz in auffälligen Kostümen. Die Vorführung selbst konnte ich mir leider nicht ansehen, weil die Dressurkür anfing.
Da alle Zuschauersitzplätze schon belegt waren, lief ich zu einem Hügel von dem man auch eine gute Aussicht auf das Viereck hatte. Plötzlich fiel mir jemand auf, der direkt vor mir lief, wir wollten beide zu der gleichen Stelle hin und saßen dann fast nebeneinander. Wer das war? Ein sehr bekannter junger Dressurreiter mit einem wahnsinnig talentierten Pferd. Er saß mit seiner Freudin und einem anderen Pärchen dort auf den “billigen” Plätzen auf dem Erdboden. Nichts mit VIP-Launch und Prosecco schlüfen. Ein wenig erstaunt war ich schon darüber, wenn ein Olympiareiter sich unters Volk mischt und im Gegensatz zu manchen Instagramsternchen sich nicht auf den exklusiven Plätzen blicken läßt. Eigentlich hätte ich ihn am liebsten gefragt, warum er nicht mitreitet, wenn Isabell Werth hingegen dabei ist, aber die Gründe hat seine Mutter letztens auf der Webseite sehr gut erläutert. Jetzt wisst ihr bestimmt, wer es war.

DSC02728_1Die Prüfung gewann wie so oft Isabell Werth und als neuer aufkommender Dressurstar wurde Benjamin Werndl hoch platziert. Manchmal gewinnt man den Eindruck, es gibt auch bei den Dressurreitern Trends und viele Starts auf den großen Turnieren, wenn es mehr Publikum anzieht. Ob nicht jeder starten kann, selbst wenn er möchte und die Startplätze nach Einladung vergeben werden, ist eventuell auch ein Grund, allerdings kenne ich mich mit den Regularien der Startplatzvergabe im großen Sport nicht aus.

Ich schlenderte danach wieder über die Ausstellerfläche und ging zum Polofeld, auf dem nun ein Polospiel stattfand. Nur musste ich feststellen, das ist nicht so meins. Der Kommentator versuchte das zwar spannend zu moderieren, aber die Art wie dabei geritten wurde, ist nicht besonders harmonisch. Es ist halt mehr ein Gejage dem Ball hinterher und die Ausrüstung der Pferde ist etwas fragwürdig. Bei all den heftigen Diskussionen um Schlaufzügel und Sperrriemen, steht das was man im Polo sieht im krassen Gegensatz dazu.
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Eigentlich merkwürdig, warum sich im “normalen” Reitsport so stark angefeindet wird, wenn man einen kleinen Lederriemen zuviel verwendet und am besten ohne alles reiten soll, wenn im Polosport die Pferde wie Pakete mit “tausend” Lederriemen eingepackt werden. Aus der Perspektive erscheint mir die Anti-Sperrriemen-Bewegung total übertrieben und fanatisch. Da wird von Tierquälerei gesprochen, wenn man ein kombiniertes Reithalfter verwendet und man wird von wildfremden Leuten angeschrieben, um in eine Rechtfertigungsdiskussion verwickelt zu werden. Haben diese Ideologen schon mal dem Polosport zugesehen? Die teilweise unpassenden Sättel, die oft schlechte Hals-Muskulatur, das herumreißen an den Zügeln, die ständig aufgerissenen Pferdemäuler und das Körpergewicht, das seitlich am Widerrist zieht. Natürlich entschuldigt man nicht das eine Übel mit dem noch größeren Übel, aber eine Verhältnismäßigkeit in Sachen Tierschutz sollte schon gegeben sein. Andererseits hat vermutlich der Polosport so eine einflussreiche Lobby, dass jedewede öffentliche Diskussion im Keim erstickt wird?

Beim Springreiten hatte ich übrigens ebenfalls zugesehen, hielt es aber mangels Sitzplatz und extrem knallender Sonne nicht lange dabei aus. Leider holte ich mir an dem Tag einen leichten Sonnenbrand und am Ende vertrieb mich das aufziehende Gewitter von der Veranstaltung.
Ingesamt fand ich, das was auf der Pferd International geboten wurde, eine fantastische Auswahl und eine riesige Bandbreite, die ich sonst auf keinem Turnier wiedergefunden habe. Dann noch auf so einem tollen Gelände, mit hunderten Shoppingmöglichkeiten und zu vernünftigen Eintrittspreisen. Empfehlenswert, wer viel auf einem Fleck sehen möchte und ich komme gerne wieder, dann aber mit mehr Zeit und nicht nur einen Tag im Schnelldurchlauf, wobei man als Auswärtiger halt noch ein Hotel zahlen und die weite Strecke hinter sich bringen muss. Ich hatte es mit beruflichen Terminen im Süden kombinieren können und fuhr dann an dem Abend weiter durch heftige Regengüsse, die nach der Hitze eine schöne Abkühlung brachte, inklusive Feierabendbierchen. Das zweite Hotelzimmer war ein Traum und ich hab dort so gut geschlafen, wie schon lange nicht mehr.

[Beitrag enthält unbezahlte Werbung und Verlinkungen ohne Beauftragung dazu.]

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