Eventbericht – Symposium Feines Reiten mit Uta Gräf

“REITE ALS WÄRST DU ALLEINE”

Als aufmerksamer Leser der Pferdezeitschrift St.Georg hatte ich von einem Symposium erfahren, bei dem Uta Gräf öffentliche Trainingsstunden geben würde. Da ich Uta Gräf schon lange gut finde, es leider noch nie geschafft hatte, ihren Unterricht live zu sehen, wollte ich es diesmal realisieren. Praktischerweise gab es ein Gewinnspiel, bei dem man eine Eintrittskarte gewinnen konnte.

E91E35BF-FF20-442B-8332-ABF3FBBF6B7FFreundlicherweise schickte mir die Pferdezeitschrift gleich mehrere Karten zu. Sie trafen Donnerstags ein und am direkt folgenden Wochenende war das Symposium. Da ich nicht alle Karten brauchte, veranstaltete ich ein Blitzgewinnspiel auf Instagram, was leider auf nicht viel Interesse stieß. Egal, ich wollte dennoch hin und nahm meine Begleitung mit auf die Fahrt. Die Veranstaltung fand in Remscheid auf dem Buscherhof statt. Es war ein normaler Reiterhof mitten in der Landschaft und es gab in der einen Reithalle Unterricht auf Schulpferden. Im Innenhof zwischen den beiden Reithallen hatten gut zehn Aussteller ihre Zelte aufgeschlagen und verbreiteten damit den Eindruck einer kleinen Minimesse. Den Tag über waren unterschiedlich viele Menschen anwesend. Vormittags war es voller als Nachmittags, was vielleicht auch daran lag, dass einige Reitschülerinnen mit ihren Eltern noch da waren. 

9D481E54-B1DC-41D5-B0DA-9CFBC7A71AC6Wer die Veranstaltung ‚Die Alten Meister‘ schon einmal besucht hat, weiß wie rammelvoll die Reithallen immer sind. Man bekommt dort ein Goodybag und kann froh sein, einen Sitzplatz zu erwischen, wenn man nicht rechtzeitig dort ist. Das war auf diesem Symposium ganz anders. Vielleicht gab es Goodybags, ich hatte jedenfalls keine gesehen. Die Zeitschrift St.Georg lag noch zuhauf aus und nen Sitzplatz fanden wir ohne Probleme. Es war alles sehr übersichtlich und eher familiär. Vermutlich waren hauptsächlich Leute aus dem Reitstall und näherer Umgebung dort.  Ich denke auch, dass ich ein zweites Mal wohl nicht noch einmal dahin fahren werde, auch wenn der Unterricht von Uta Gräf mich sehr begeisterte. Wer die Alten Meister kennt, hat bereits die Vorträge über Sattelanpassung und Gebisse gesehen und findet es dann irgendwann langweilig, es nochmal zu hören. Die anderen Zuschauer empfanden das vermutlich ähnlich, was man an der Befüllung der Sitzplätze gut sehen konnte. Der Zuschauerbereich war am vollsten, bei Utas Training und besonders als der Pferdewirtschaftsmeister des Hofes ritt. 

Zum öffentlichen Training traten verschiedene Pferd-Reiterpaare an, vom 5- bis 14-jährigen Pferd, von A- bis M-Niveau, alles Warmblüter, meist Dressurpferde und ein Vielseitigkeitspferd. Am Sonntag sollten auch spanische Pferde dabei sein. Wäre als direkter Vergleich interessant gewesen.

822EA9B3-4B21-425D-800C-1E06E630308DUta ließ jeden Reiter erstmal paar Runden wie sie wollten durch die Halle reiten. Dabei fiel jedesmal sofort der Spruch „reite so als ob du alleine wärst“, was sicherlich dazu diente das Lampenfieber bei manchen zu nehmen. Außerdem will man am liebsten das normale Reiten sehen und keine zu große Verzerrung durch die Zuschauersituation. Leider hatten ein paar noch nicht vorher abgeritten, so dass die vorgestellte Arbeit nicht mit einer langen Schrittphase begonnen wurde sondern recht bald angetrabt wurde. Das war schade, dennoch achtete Uta sehr darauf, wie abgeritten wurde. So meinte sie, beim Abreiten soll die Spur der Hinterhufe in die der Vorderhufe treten und etwas drüber ist okay. Gleich zu Beginn soll ein fleißiger Schritt geritten werden, bei dem die Reiterbeine einfach runter hängen sollen und nicht getrieben wird. Mit wenig reiterlichem Aufwand soll das Pferd fleißig vorwärts gehen. Weiterhin war es ihr wichtig viele Pausen einzulegen und wenn das Pferd etwas gut gemacht hatte bzw. das Lernziel erreicht wurde sofort aufzuhören. Ein weiterer Leitspruch von ihr war, immer so aufzuhören, damit man dem Pferd zum Abschluss ein gutes Gefühl geben kann, also eine leichte Übung immer ans Ende des Trainings setzen. Im Grunde selbstverständlich, nur es tatsächlich immer zu tun und es sich bewusst zu machen, ist wichtig. 

Uta konnte sich sehr schnell auf die einzelnen Reiter einstellen und sah natürlich sofort wo die Probleme lagen. Mit ihrem schwäbisch-pfälzischen Dialekt und ihrer lieben Art, ging sie auffällig diplomatisch um. Selbst wenn Reiter etwas offensichtlich falsch machten, drückte sie es so nett und freundlich aus, dass jeder sein Gesicht wahren konnte. Vorschläge wurden im Konjunktiv an den Reiter heran gebracht und alles was gut war, bekam ein direktes großes Lob. Gut geritten, war ihr Ausdruck dafür. Jede minimale Verbesserung wurde registriert und von Runde um Runde besserten sich die Reiter. Genau jetzt ist es richtig, gab Uta den Reitern als Feedback, selbst wenn es drei Meter vorher oder später nicht mehr korrekt war, so fanden die Reiter viel schneller wieder zu dem einen guten Punkt zurück und konnten es stabilisieren bzw. wiederholen.

Bei fast allen Pferden korrigierte sie die Kopfhaltung, denn sie kippten hinter die Senkrechte und zogen teilweise nicht richtig an den Zügel ran bzw. waren ungleich. Das nach vorne dehnen war bei jedem Pferd ein Verbesserungspunkt. Hinzu kam bei manchen Pferden auch eine gewisse Unsensibilität auf den Schenkel, meistens war eine Seite unsensibler als die andere. Insgesamt alles Probleme, die viele Reiter selbst kennen und man konnte bei jedem Paar an diesem Tag etwas für sich mitnehmen.

Jeder bekam individuelle Tipps und Hausaufgaben. Eine Reiterin sollte mit der inneren Hand spielen, wenn sich das Pferd sich auf den Zügel legt, um ihn ins Leere laufen zu lassen. „Hand weg“ sagte Uta öfters. Wichtig sei, zu schauen wie das Pferd ausbalanciert ist. Da müsste man dann beim antraben auch mal die Hand einseitig wegnehmen. Zum Galopp kleiner und schneller machen schlug sie eine Übung vor, bei der die Anzahl der Galoppsprünge im Übergang zum Trab jeweils um einen Galoppsprung von sechs auf drei verkürzt wurden. Um die Reaktion auf den Schenkel beim Antraben zu verbessern, ließ sie die Reiterin Trab-Schritt Übergänge machen und legte Wert darauf aus einem langsamen Übergang zum Schritt wieder sofort anzutraben.

Der Galopp wurde bei einem anderen Paar durch ein leichtes Schulter vor im Links-Galopp verbessert. Auf der anderen Hand sollte die Reiterin es nicht machen. Einer anderen sagte sie, sie soll das Schulter vor komplett weglassen. Eine andere hatte Probleme beim angaloppieren, was einfach daran lag, dass sie ihr Pferd zu stark nach innen stellte. 

Für die fliegenden Wechsel gab es ebenfalls keine Standardanleitung, denn Wechsel reitet jeder etwas anders und man muss erst bisschen rumprobieren, meinte Uta. Mit einer Reiterin übte sie dran die Wechsel hinten schneller zu machen, weil das Pferd vorne gut umsprang. Sie solle dann ein wenig an Kreuzgalopp denken, natürlich nicht machen.

Das Publikum stellte gelegentlich ein paar Fragen, nach Utas Geschmack hätten es gerne mehr sein dürfen. Eine Frage war, wohin soll die Nase und es ist bekannt, sie soll nicht tiefer als das Buggelenk, aber wie viel höher muss ganz individuell entschieden werden. 

Bei einem Pferd hatte sie schon im Schritt geahnt, dass es hierbei im Trab zu einem Problem kommen könnte, nicht nur wo die Nase landet, sondern wie das Pferd im Genick abkippt und in der Tat, im Trab trat das Problem viel schlimmer hervor. In der Schrittpause sollte das Pferd daher am hingegebenen Zügel geritten werden, damit es sich besser oben tragen kann, weil es anbietet nach unten abzukippen. Im Trab arbeiteten sie daran den Hals stückchenweise hoch und weit nach vorne zu bekommen. Um die Dehnung nach vorne zu verbessern, wurden im Trab die Zügel länger und länger rauskauen gelassen. Im Galopp lief das Pferd hingegen prima. „Genick vor“ bzw. das höhere Einstellen war eine häufig fallende Korrektur, wobei Uta ganz genau unterschied was für jedes Pferd individuell in welcher Gangart und zu welcher Übung passte.

Ein sehr hübsches Pferd war dabei, das zog nicht richtig zur Hand hin, sondern eher in sich zusammen, es verhielt sich und kam nicht aus sich raus. Um das Pferd mehr zum zur Hand ziehen zu bekommen, war die Aufgabe, es erst vor sich zu bringen und dann vorwärts-abwärts. Das Pferd schwingte zudem nicht und war schwer zu sitzen. Zog das Pferd mehr an die Hand und hatte es innerlich losgelassen, war es viel leichter zu sitzen.

Uta war auch beim Reiter der Meinung, es sei wichtiger erst zu entspannen und dann die Sitzkorrektur zu machen. Es käme nicht immer auf den formschönen Sitz an. Sie zog dabei den Vergleich zu den Parareitern, die sie trainiert. Manche haben eine Spastik im Bein oder eine total blockierte Hüfte. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie man mit so einem Sitz korrekt reiten könne, dennoch klappt es und sogar auf verschiedenen Pferden. Sie hatte mit der Zeit gelernt, es ist viel wichtiger erst dem Pferd verständlich zu machen, was es machen soll und dann kommt der Rest. Ebenso lösen sich viele Probleme wie von selbst, wenn man beiderseits zur Losgelassenheit kommt. Im Grunde die Basis wenn man sich die Skala der Ausbildung ins Gedächtnis ruft.

Ebenso an die Basis ging es mit den Tipps an eine Reiterin, die gerne im Training mit Uta Trabtraversalen üben wollte. Die Übung klappte leider gar nicht, denn die Probleme lagen ganz woanders. Das Pferd reagierte sehr schlecht auf den rechten Schenkel und die Reiterin nahm teilweise ihre Gerte zur Hilfe, um überhaupt eine Reaktion vom Pferd zu bekommen. Es war klar, dass die erste Aufgabe darin bestand, das Pferd dazu zu bringen, schneller auf den Schenkel zu reagieren.

Ein weiterer Leitsatz wurde betont. „Erst das gravierendste Problem bearbeiten und dann die anderen Sachen.“ Uta gab Tipps für eine bessere und schnellere Reaktion auf den Schenkel und meinte stumpfe Pferde soll man ins Gelände reiten, hinter einem anderen Pferd und sich von diesem sozusagen abschleppen lassen. Wichtig ist dann den Schenkel umzustellen, nicht immer mehr treiben und treiben, sondern kurze Impulse und dann den Schenkel weglassen, das Pferd soll auf den leichten Schenkel sensibilisiert werden. Manchmal hilft es auch jemand mit ner Peitsche in die Bahn zu stellen.

An die Basis ging es dann mit der Übung von Vorderhandwendungen, was eigentlich eine Sache für Anfänger ist und nicht, wenn man schon soweit wäre, Trabtraversalen zu reiten. Mit den Vorderhandwendungen wurden gleich drei Problembereiche bearbeitet, neben der Sensibilität und Annahme des einseitigen Schenkels, auch die Hilfengebung beim angaloppieren und als Vorbereitung auf die Seitengänge.

Eine Übung sah so aus, dass die Reiterin aus der Vorhandwendung im Schritt angaloppieren sollte. Danach wurden drei Schlangenlinien durch die Bahn gewechselt und am Wechselpunkt sollte dann aus dem Halten direkt in den Galopp gewechselt werden. Im Trab ging es dann weiter und um das Pferd auf rechten Schenkel besser zum reagieren zu bringen, stellten sie es auf dem Zirkel im Trab mit dem Hintern nach innen. Aus dem Übertreten sollte die Reiterin dann sofort ins Travers wechseln. Dazu genommen wurde das

Schenkelweichen im Trab, am einfachsten erstmal direkt an der Bande entlang. Das waren alles Übungen zur Vorbereitung der Traversalen. Zur Hilfengebung sagte Uta der Reiterin sie soll dann treiben, wenn die rechte Schulter zurück geht, um den richtigen Moment zu erfassen. In nächster Zeit gilt es ganz viel Vorhandwendung üben, auch wenn diese nur wenig gymnastischen Wert hat, bringt es sehr viel für eine bessere Reaktion auf den Schenkel. Schenkelweichen soll man ebenfalls früh üben, denn sie sind auch gut fürs Traversale reiten, denn sie verlangen vom Pferd vom Schenkel wegzugehen aber erstmal ohne Biegung.

Eine andere Reiterin war an der Stelle schon viel weiter, aber es ging ihnen eher die Luft aus. Dafür war dann die Übung nur fünf Meter die Traversale reiten, dann wieder grade aus und dann wieder fünf Meter Traversale. Ein zusammenfassender Leitsatz war: „Erst das aufwändige herausnehmen und leicht anfangen. Wenn es aufwendig ist, dann klappen Veränderungen nur schwer.“

Ein wichtiges Thema wurde kurz angesprochen, es war die Selbsteinschätzung mancher Reiter. In ihren Kursen hat sie gemerkt, diese ist bei manchen total an der Realität vorbei. Eine meinte mal, sie hätte null Probleme und es waren einige sehr schnell erkennbar und eine andere konnte hunderte Probleme aufzählen und ritt dann auf S-Niveau durch die Halle. Wir mussten darüber alle etwas schmunzeln.

Die letzte Reiterin am Samstag schauten wir uns nicht mehr an, denn wir wollten heim. Ich wollte noch zu meinem Pferd, einkaufen und zu einer Abendveranstaltung. 

Als Fazit kann ich sagen, Utas Unterricht als Zuschauer beizuwohnen lohnt sich auf jeden Fall, extra nach Remscheid fahren werde ich dafür allerdings nicht mehr. Ich muss mal schauen, ob ich irgendwie rausfinden kann, wann sie in der Nähe Unterricht gibt. Schön wäre es, wenn diese Veranstaltung mal weiter im Süden stattfinden könnte, gerne in der Nähe von Utas Zuhause. 

[Beitrag enthält unbezahlte Werbung.]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert