Eventbericht – Deutsche Vielseitigkeits-Meisterschaften in Luhmühlen 2019

MANCHMAL MUSS MAN SPONTAN SEIN!

Nach dem Wiesbadener Pfingstturnier hatte ich mir meine Geländefotos angesehen und bekam irgendwie Lust drauf, bald wieder solche Fotos zu machen. Dressurreiter hatte ich inzwischen oft genug fotografiert, die Vielseitigkeit finde ich irgendwie spannender und abwechslungsreicher. Ein Hindernis mit Wasser wäre cool, denn in Wiesbaden war davon nicht viel vorhanden und mir ist kein einziges Fotos gelungen. Fragte sich nur wo bei uns in Hessen überhaupt noch andere Geländeprüfungen in der Art stattfinden? Dann sah ich die Instagram-Story von Ingrid Klimke, wie sie ihre Pferde für Luhmühlen auf den Transporter führte und mir kam ein spontaner Gedanke.

Wie wäre es, wenn ich nach Luhmühlen fahre? Ich überlegte zwei Tage hin und her. Aufs Hamburger Derby bin ich nicht gefahren, mit der Begründung viel zu weit weg, was für eine Fahrerei! Aufs Burgturnier in Nörten-Hardenberg wollte ich auch nicht, selbst nach Hämelschenburg war’s mir immernoch zu viel Fahrerei. Balve zog mich auch nicht an. Also Luhmühlen?! Ist zwar knapp vor Hamburgs Toren, aber das war mir auf einmal schnuppe. Freitag mittags buchte ich kurzerhand die Hotelzimmer, schnappte die frisch gewaschenen Klamotten von der Leine und fuhr los. Obwohl der Navi in der Streckenübersicht fünf Staus anzeigte und wenn man reinscrollte wurden es nicht weniger. Alles egal, ich hatte den Entschluss gefasst, ich will endlich einmal Luhmühlen und eins der nur sechs weltweiten fünf Sterne Events sehen. Longines Luhmühlen Horse Trials – ich komme!

Die Fahrt zog sich ganz schön in die Länge, vor allem weil ein Stau so lang war, dass ich über Land fahren musste. Geniale Idee ausgerechnet Freitagnachmittags zu fahren! Als ich von der Autobahn Richtung Zielort runter fuhr, wußte ich warum sich die Fahrt doch gelohnt hatte. Reetgedeckte Fachwerkhäuser mit rotem Klinker, Bauernhöfe wie aus dem Bilderbuch und an jeder Ecke eine Pferdekoppel. So schnell kann’s gehen und man ist in einer anderen Welt.

Zufällig hatte ich in einer Tourihochburg an der Lüneburger Heide noch ein freies Zimmer gefunden. Kutschfahr-Angebote an jeder Ecke, dekorierte Gärten mit Blümchen und Dachgiebel mit Pferdeköpfen. Was für eine Idylle! Der Ort hieß Undeloh und abends ab acht wurden bereits die Bürgersteige hochgeklappt. Das Dorfinternet Nord.freifunk.net funktionierte nicht und Supermarkt gabs auch keinen. Also ab zu einer Tankstelle, um dort noch nach 21 Uhr etwas zu trinken zu kaufen. Bei uns haben die Geschäfte teilweise sogar bis 24 Uhr offen. Was bin ich ein verwöhnter Stadtmensch geworden!A841F88F-CF62-400B-85B7-A3EBC69C142EIn der Gegend herrschte eine enorm hohe Luftfeuchtigkeit und die Autoscheibe war beschlagen und sogar mein iPhone. Das war aber alles egal, denn bei Sonnenuntergang lag ein Nebelschleier auf der Heide und es war unendlich schön und friedsam hier. Naja, bis auf die Nachbarn beim Hotel. Die machten bis tief in die Nacht so laute Party im Garten, dass man es selbst bei geschlossenem Fenster hörte. Ätzend! Ich hab tatsächlich bei der Polizei angerufen und um zwei Uhr nachts war dann endlich Ruhe. 

Am Samstagmorgen wurde ich dann nach fünf Stunden Schlaf von Donner und Regenschauern geweckt. Meine Laune wurde aber sofort besser, denn mit Blick aus dem Fenster sah ich zwei Pferde auf der Koppel. Herrlich, statt in Nachbars Bude zu blicken, sah ich raus in die Natur.
Schnell fertig gemacht, gefrühstückt und ab ins Auto! Der Navi konnte seltsamerweise die Adresse vom Turnierplatz nicht finden und ich fragte im örtlichen Shop in Luhmühlen nach. Obwohl ich fast ne Stunde zu früh ankam, war schon viel los. Das Tagesticket kostete 30€ und die Menschen strömten aufs Gelände, um dann einen Schock zu bekommen. Hier stand alles unter Wasser!

Es hatte in der Früh einen Starkregen mit 55 Liter/qm gegeben. Der Parkplatz war schon pitschepatschenass, aber rund um das Springstadion waren riesige Wasserpfützen, die von der Feuerwehr abgepumpt wurden. Ich hatte natürlich keine Gummistiefel dabei und überlegte mir, ob ich irgendwo noch Stiefel herbekomme. Zeit war noch genug, denn durch das Unwetter waren die Prüfungen um zwei Stunden nach hinten verschoben und getauscht worden, erst fand die 4* dann die 5* Prüfung statt. Also setzte ich mich erstmal auf die Tribüne und wartete. Es war Zeit, um den Geländeplan vorher anzusehen und schon ein paar Stories für Instagram zu machen. Ich saß zusammen mit einigen anderen Menschen ne Stunde auf der Tribüne herum, bis es mir zu langweilig wurde und ich rumgeschlendert bin. Zur Not hatte ich ein zweites Paar Socken eingepackt, falls ich doch nasse Füße bekam.

C6E1CB8D-E546-41DC-96D4-5AD0FF57A4D7Als erstes holte ich mir einen Kaffee und wunderte mich, dass es diesen sogar kostenlos gab – von wegen so ein netter Service, ich war versehentlich in den VIP-Bereich reinspaziert.
Danach ging’s ab Richtung Gelände. An vielen Stellen war wegen riesigen Pfützen kein durchkommen, zum Glück gab es einen betonierten Weg ohne zu tief im Wasser einzusinken und ich konnte mit trockenen Füßen zum Meßmer-Teich gelangen. Dort suchte ich mir einen guten Platz mit Blick auf mehrere Sprünge. Ich blieb die gesamte 4*-Prüfung am Meßmer-Teich, weil ich ganz tolle Wasserfotos machen konnte und von meinem Platz sah ich auf einen Bildschirm, auf dem die Livebilder eingeblendet wurden. Praktisch!051ACF00-AC84-49B2-917A-487AD8BCF92A396044CC-D7CD-434D-B663-87933CF9EEC6

Nach dem Start gabs gleich nen Schock, weil Michael Jung als erster Starter stürzte. Es stürzten in der 4* insgesamt drei Pferde, sowie zwei Reiter fielen vom Pferd. Von 50 Startern kamen 43 ins Ziel, sieben schafften es innerhalb der Bestzeit. An der Spitze lagen Julia Krajewski und Ingrid Klimke, gefolgt von Michael Jung. Am Ende wurde Julia wieder deutsche Meisterin.
Für mich war es toll, so viele deutsche Reiter live zu sehen und ich muss gestehen, von den jüngeren U25-Reitern hatte ich noch nie etwas gehört, nur die älteren kannte ich. Das finale Ranking der deutschen Vielseitigkeitsmeisterschaft könnt ihr hier sehen: https://results.hippodata.de/2019/1689/docs/messmer_dt_meisterschaft_longi_901_ersprges-2_abstfr3.pdf

Anbei ein paar der Bilder, die ich von der 4*-Prüfung am Meßmer-Teich machen konnte: DSC01461_1_www.equusdomesticus.deDSC01411_1_www.equusdomesticus.de
In der Pause zwischen den beiden Geländeprüfungen bin ich nach vorne in den Ausstellerbereich gelaufen und war erstaunt wie viel trockener es geworden war, am Ende waren die ganzen großen Wassermassen tatsächlich weg und nur an einzelnen Stellen blieb es matschig. Die Feuerwehr Salzhausen hatte ganze Arbeit geleistet, zudem wurde es richtig warm und alles trocknete ab. Später sagten manche Reiter in Interviews, dass der Boden sehr gut war. Die Organisatoren hatten wirklich viel zu tun, denn durch den Regen waren auch die Wasserpegel in den Teichen gestiegen und ich weiß nicht, ob dort auch abgepumpt wurde oder deshalb so tolle Wasserbilder entstanden, weil der Wasserpegel so hoch war? Schwieriger wurde es für die Pferde auf jeden Fall und so kraftvoll wie sie aus den Wassermassen empor sprangen, war es herrlich anzusehen.7858657A-E84E-4C3B-934D-A68EA470EDA1

Zur 5*-Prüfung ging ich nicht wieder zum Meßmer-Teich, dort schien jetzt eh die Sonne voll runter und ich wollte ein paar andere Hindernisse sehen. Also bin ich zum Longines-Wasser gelaufen und dort den Großteil der Prüfung geblieben. 987CD859-A896-457B-9679-67FC1FE9D44C
Leider lagen die Hindernisse erst am Ende der Strecke und sehr viele Reiter wurden eliminiert, bevor sie zu den Sprüngen gelangten. Das war richtig blöd, wenn man wartete und keiner kam.
Mehr als vier eliminierte Reiter sind zu viel, sagte der Sprecher durch. Letztendlich waren es sechs eliminierte und fünf, die aufgegeben haben. Damit sind elf von 33 Starten in der Geländeprüfung rausgeflogen, was einem Drittel entspricht. Da ich keine Vergleichswerte habe, kann ich logischerweise nichts dazu sagen. Zumindest habe ich bisher von keinem toten Pferd oder Reiter gehört, denn das hat es schon paarmal in Luhmühlen gegeben. Runtergefallen sind ein paar Reiter und einer direkt vor meiner Linse. Das Pferd ist dann im wilden Galopp stiften gegangen. DSC01676_1_www.equusdomesticus.deDSC01681_1_www.equusdomesticus.de

Nach ewigem Warten sah ich endlich Andreas Ostholt, doch ausgerechnet diese Fotos sind nicht fokussiert und ich hatte die Nase voll an der Stelle, ich wollte unbedingt noch weitere Reiter sehen. Also bin ich zum Meßmer-Teich zurück und danach ein Stück in den Wald zu zwei Sprüngen in der Mitte der Strecke, dort kamen prompt schon wieder mehrere Reiter nicht vorbei, weil sie vorher ausgeschieden sind und dann waren alle Reiter durch. Ach, war das ärgerlich!DSC01846_1_www.equusdomesticus.de
Bei einem über elf minütigem Kurs und rund 30 Startern, war das schade, so wenig davon gesehen zu haben. Irgendwie macht es mehr Sinn, sich bei einem der früheren Sprünge zu positionieren oder ich versuche es beim nächsten Mal doch mit dem „mitlaufen“ von Hindernis eins in Richtung Ende? Wobei das mit einer guten Fotoposition bei vielen Zuschauern am Zaun evtl. schwierig werden könnte. Von einer Akkreditierung als Hobbyfotograf kann ich mit meiner kleinen Knipskamera natürlich nur träumen, das ist den Profis mit ihren fetten x00mm Objektiven vorbehalten und als nicht auf die Vielseitigkeit spezialisierter bzw. mit Vitamin B ausgestatteter Blogger, hat man auch keine Chance in den Innenraum zu gelangen. Andererseits denke ich, die bisherigen Fotos reichen für den Blog und Instagram eh aus und solange man kein Geld damit verdienen will, muss das keine Highend-Qualität haben.015F8F48-28FB-4B94-817A-BF85F4442893

Wer sich die 4*-Geländeprüfung in Luhmühlen in aller Ruhe auf der heimischen Couch ansehen möchte, kann das hier tun (solange der Link funktioniert): https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/Die-Gelaendepruefung-in-Luhmuehlen,sportclub10500.html
Eine aufgezeichnete Übertragung der 5*-Prüfung konnte ich leider nicht finden, falls es eine gibt, gerne bitte in die Kommentare schreiben.

Insgesamt war ich mit dem Tag zufrieden und sehr beeindruckt, denn so viel Vielseitigkeit hatte ich noch nie an einem Fleck gesehen. Eine 5-Sterne-Prüfung ist gewaltig anspruchsvoller als eine 4-Sterne-Prüfung, das sieht man bereits, wenn man sich die beiden Geländeskizzen ansieht.

Ob der Kurs nun in Luhmühlen besonders schwer war und deshalb so viele ausgeschieden sind, kann ich nicht sagen, bisher gehört habe ich nur, dass in Badminton (UK) die allerschwerste Vielseitigkeit liegt und alleine die Strecke zu bestehen, ist schon ein Erfolg.
Übrigens fand ich das Publikum teilweise recht amüsant, denn es waren viele englischsprachige Menschen vor Ort mit teilweise ungewöhnlicher Kleidung, die ein wenig an den britischen Landadel erinnerten.DSC01683_1_www.equusdomesticus.de
Ob und wann ich wieder nach Luhmühlen fahren werde, steht noch in den Sternen. Der nächste Termin ist die Europameisterschaft im September, mal sehen oder vielleicht geht’s doch wieder nach Aachen? Oder wie wäre es mit Rüsselsheim?! Ich war erstaunt dies in einer Liste mit Terminen für Geländeprüfungen in 2019 zu finden.
https://www.pferd-aktuell.de/misc/filePush.php?id=9946&name=Termine+VS+2019+22012019.pdf

Am Abend ging’s dann wieder Richtung Heimat, allerdings noch nicht ganz nach Hause, denn am Sonntag stand noch ein weiterer Pferdeevent auf meinem Plan. Mehr darüber gibt’s im kommenden Blogbeitrag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert