Pferdekauf – Nur für Reiche?

WENN DAS HOBBYPFERD SOVIEL KOSTET WIE EIN MITTELKLASSEWAGEN

Ein eigenes Pferd ist für viele Reiter ein Traum und manche Reiter können sich diesen Traum erfüllen. Auch ich habe es getan, mein erstes selbstgekauftes Pferd. Ich habe ihn übers Internet gefunden und bin sehr froh darüber, denn es ist gar nicht so leicht ein passendes Pferd zu finden, vor allem wenn der eigene Geldbeutel nicht Unmengen dafür hergibt oder man hergeben möchte. Vor dieser Herausforderung stehen viele Leute und mir scheint, es gibt große regionale Unterschiede wie leicht man mit einem gewissen Budget fündig werden kann.

Schaut man sich heutzutage im Internet nach einem neuen Reitpferd um, dann landet man bei großen und kleineren Anbietern, die in ihre Werbeanzeigen tolle Turnierkracher packen, die einen als Blickfang anziehen. Schnell wird drauf geklickt, doch bald erfolgt die Ernüchterung.

Als ich mich vor drei Jahren nach einem eigenen Pferd umgesehen habe, war für mich klar, es soll ein gerittenes Pferd sein und möglichst schon eine gewisse Ausbildung haben. Ich hatte mir eine Kaufsumme überlegt, die für meine Verhältnisse nicht wenig war, aber auch nicht in die Höhen eines Mittelklassewagens reichte, eher im Bereich gebrauchtes Modell. Sozusagen sollte das Pferd auch ein “Gebrauchtmodell” sein. Sicherlich kann man sich an der Stelle fragen, ob die eigenen Preisvorstellungen realistisch und angebracht sind, andererseits bleibt einem oft nichts anderes übrig, als sich nach der eigene Decke zu strecken und dort das persönliche Limit zu finden.
Die Überprüfung der eigenen Vorstellung mit dem Angebot kann jederzeit im Internet getan werden. Man hat bei einer großen Online-Pferdebörse bekannterweise die Möglichkeit seine Präferenzen anzukreuzen, bekommt dafür eine Liste mit Treffern und forstet die dann durch.

eHorses_Treffer6Schnell fiel mir auf, dass die Auswahl oft unter 10 Pferden lag, deswegen änderte ich meine Suchkriterien und stieß allerdings nicht auf deutlich mehr Auswahl. Kommt noch eine Wunschfarbe (Dunkles Fell) hinzu, sah die Auswahl noch mickriger aus. Der Knackpunkt lag aber nicht bei der Farbe, beim Stockmaß oder dem Alter, es waren Preis und Region.

Es waren folgende Entscheidungsfragen zu beantworten:
1. Wie groß muss der Suchradius sein?
Bin ich bereit mehr als 300 km weit zu fahren, dann bekomme ich deutlich mehr Auswahl und günstigere Pferde. Nur das bedeutet sehr viel Herumfahrerei und eventuell noch Hotelkosten. Testweise habe ich andere Postleitzahlen aus weit entfernten Regionen mit dem gleichen Radius eingegeben und erhielt die doppelte oder dreifache Menge an Treffern. Das ist dann das persönliche Dilemma, wenn man in einer Region wohnt, in der zwar viel geritten wird, aber weniger Pferde zum Verkauf angeboten werden.
2. Wie viel Geld will ich ausgeben?
Bin ich bereit mind. 10.000€ mehr zu zahlen, dann finde ich auch etwas im 100 km Radius. Stelle ich den Preis auf über 25.000€ werde ich sogar im 30 km Radius fündig und finde tolle Pferde. Nur so viel Geld wollte ich damals und auch heute nicht ausgeben. Nicht für ein Freizeitpferd mit dem man über die Felder reitet und etwas Dressur reiten will. Wohlgemerkt im Einsteiger-/Anfängerbereich, mit Option auf mehr, also L-Niveau, aber alles unter M/S-Niveau. Eben das was die breite Masse der Amateurreiter kann und sucht.

image

Wurde ich fündig? Ja, aber der Kompromiss war das Pferdealter. Die Pferde, die in mein Suchschema reinpassten, waren meistens über 12 Jahre alt und damit eigentlich nicht exakt das, was ich wollte. Was war das? Ein durchschnittliches Warmblut mittlerer Größe im Alter von 6-10 Jahren, auf mind. A-Niveau ausgebildet und unter 15.000€. Es war unmöglich sowas zu finden, es wurde damals schlichtweg nicht angeboten. Ich schaue auch jetzt noch nach Anzeigen in der Gegend und gelegentlich war ein Pferd dabei, dass in die Suchauswahl fiel.
Die einzigen, die preislich häufig darin lagen, waren verletzte Stuten, die zur Zucht angeboten wurden. Alles andere was preislich darin lag, waren Pferde die deutliche Mängel hatten, teilweise sogar im Verkaufsvideo lahmten, die noch nicht mal auf richtigem E-Niveau liefen, also reine Wald-Wiesen-Pferde oder eben ältere. Ich griff zum älteren, er war wohl ein seltenes Schnäppchen, allerdings entpuppte er gewisse Mängel. Alles hat wohl einen Haken.

Wenn ich mich jetzt nach älteren gut ausgebildeten Pferden umschaue, sieht der Markt wie abgegrast aus. Vor drei Jahren gab es noch die älteren gut ausgebildeten Pferde, die sind jetzt, sofern sie verkauft werden, ganz schnell weg.
Meinem Eindruck nach, ist der Pferdemarkt, gerade für Leute die ein Amateurpferd suchen, ziemlich schwierig aufgestellt. Es gibt zu wenig Warmblüter im unteren Preissegment und ich meine damit nicht den Schlachtpferdemarkt! Es geht hier in meinem Eindruck auch nicht um Sonderrassen, sondern ganz ‘normale’ deutsche Warmblüter.

Es fällt grade bei den kleineren Händlern für Dressurpferde auf, dass eine Preisunterteilung unter 10k€ meistens gar nicht existiert, oft erst bei 15k€ los geht und dann sich nach oben staffelt. Irgendwie scheint es leichter zu sein, ein Pferd für 20-50k€ zu finden, als eins für 10-15k€ und das obwohl man nur ein Pferd für Prüfungsklasse A sucht. Die durchschnittlichen Pferde für den durchschnittlichen Reiter gibt’s kaum, jedenfalls nicht in meiner Umgebung. Die einzige Option die übrig bleibt, sind Händler, die entweder Pferde aus Polen anbieten oder abgewrackte Turnierpferde, die nen Schaden haben, der aber verschwiegen wird.

imageSchaut man sich die Bedeckungszahlen der deutschen Zuchtverbände an, weiß man woran es liegt, es werden einfach viel weniger Pferde gezüchtet als noch vor zehn Jahren. Es soll zwar seit 2017 wieder einen Trend nach oben geben, doch die Nachwirkungen der Flaute merkt man bei den ausgebildeten Reitpferden.
Der Markt für das Amateurpferd ist ausgedünnt, es gibt entweder nur noch “Gebrauchtmodelle” mit deutlichen Mängeln oder teure vermeintliche Spitzenpferde, die von der Qualität gar nicht mal alle überdurchschnittlich sind, eher nur zu solchen Preisen angeboten werden. Viele weichen daher zu ausländischen Pferden aus oder kaufen sich Fohlen, die liegen dann im Preis dessen, was man als freizeitorientierter Reiter ausgeben möchte.
imageFalls ich mir eines Tages mein drittes eigenes Pferd kaufen werden, dann bin ich sehr gespannt wie sich der Markt bis dahin entwickelt hat. Ich kann nur hoffen, dass wieder mehr Züchter sich dafür entscheiden auch Durchschnittspferde zu züchten und nicht nur den Profimarkt oder reiche Leute bedienen wollen. Das damit keine Reichtümer verdient werden und der Züchter froh sein kann, wenn die Kosten gedeckt werden, ist mir klar. Nur wenn sich der Pferdemarkt weiter so entwickelt, dann sieht es bald ganz düster für den Freizeitreiter aus, der ein deutsches Warmblut sucht und nicht einen Kaufpreis in der Höhe eines PKWs ausgeben möchte.
Autopreise

Bildquelle Grafiken:
https://www.pferd-aktuell.de/misc/filePush.php?id=19674&name=Jahresbericht_2017_Anlage_Zucht.pdf&products_model=21067
https://www.focus.de/auto/ratgeber/kosten/heute-28-153-euro-im-schnitt-preis-wahnsinn-so-explodierten-die-kosten-fuer-einen-neuwagen-seit-1980_id_4887167.html

[Beitrag enthält unbezahlte Werbung und Verlinkungen ohne Beauftragung dazu.]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert